Ein Gastbeitrag von Dr. with Mask
Saubere Luft ist neben Essen und Trinken das Wichtigste, um zu überleben. Die enormen Vorteile von sauberer Luft auf die Gesundheit sind weitreichend belegt, doch wie kommt saubere Luft in die Innenräume, in denen wir uns aufhalten?
Warum saubere Luft?
Luft ist das einzige Lebensmittel, von dem wir ca. 12.000 Liter am Tag atmen [1], das wir notgedrungen mit allen Menschen teilen müssen. Es gibt keine Alternative. Leider ist saubere Luft noch längst nicht Standard in den Räumen, in denen wir uns bewegen, obwohl, und das wissen wohl die wenigsten, saubere Luft ein Menschenrecht ist [2]. Die Sachlage ist ganz anders als wir es zum Beispiel von Wasser in Deutschland kennen. Das kommt sauber aus dem Hahn, es gibt keine Notwendigkeit für Sorgen. Unsere Luft wird aber durch eine Vielzahl von Dingen regelrecht vergiftet, z.B. durch:
Kaminöfen
Kamine und Holzöfen produzieren sehr viel Feinstaub [3], der u.a. eine Erhöhung von Herzerkrankungen verursacht. Wird der Ofen zusätzlich falsch befeuert, also mit zu wenig Luftzufuhr, wird es noch schlimmer. Die Folge ist, dass sowohl im eigenen Haus als auch in der Nachbarschaft über den Schornstein die Feinstaubkonzentration schnell Grenzwerte übersteigt, was nach aktueller Gesetzeslage auch ein Straftatbestand nach StGB § 325 [4] ist. Das ist gesundheitsschädlich, je mehr, je jünger der Mensch ist.
Mikroplastik, Feinstaub, Fasern
Mikroplastik ist inzwischen leider allgegenwärtig und ebenfalls mit Gesundheitsgefahren verbunden. Im menschlichen Körper ist seit 2022 Mikroplastik gefunden worden. Die Aufnahme an Mikroplastik pro Woche liegt etwa bei 5g, was dem Gewicht einer Kreditkarte entspricht [5]! Ein Teil davon verbleibt im Körper und sammelt sich an. Mikroplastik stammt z. B. aus dem Straßenverkehr durch den Abrieb von Reifen und Bremsen [6]. Hierdurch gelangt er in die Luft, die wir atmen. Durch Regen gelangt der Feinstaub in die Kanalisation und von dort irgendwann auf unsere Felder oder ins Meer. Wir wiederum nehmen ihn dann auch noch aus der Nahrung auf. Mikroplastik stammt aber auch aus Kosmetika und Waschmittel. Selbst beim Waschen an sich entsteht es, wenn die Kleidung Plastik enthält (Sport-/Funktionskleidung, Mikrofaserlappen) [7].
Pollen
Den klassischen Heuschnupfen kennen inzwischen viele Menschen. Hohe Feinstaubbelastungen führen z. B. zu einer Änderung der Strukturen in Birken, was die Pollen aggressiver für Allergiker machen [8]. Saubere Luft würde diesem Verschlimmerungsprozess entgegenwirken. Pollen sind letztendlich auch nur eine besondere Form von Feinstaub. Sinkt das Histamin-Level bei Allergikern dauerhaft durch den Einsatz von Luftfiltern, tritt nicht nur eine unmittelbare Verbesserung der Symptome auf, sondern auch der Einsatz von Antihistaminika kann reduziert werden. Die Wahrscheinlichkeit für den gefürchteten Etagenwechsel, also die Änderung der Region der Hauptsymptome (Augen → Nase → Lunge) sinkt. Somit reduziert sich z. B. die Wahrscheinlichkeit für Asthma als Folge von Heuschnupfen.
Viren, Bakterien, Pilze
Viele Viren, wie Influenza [9], Corona/SARS-CoV-2 [10], Rhinoviren [11] werden über Aerosole übertragen. Aerosole sind fein zerstäubte Tröpfchen, die über Stunden in der Luft schweben [12], da sie so leicht sind. Bakterien und Pilze können ebenfalls in der Luft schweben, sei es durch Aufschütteln von Betten oder durch Wind aus dem Wald in der Nähe.
Wir haben inzwischen das Wissen und die Technik, um all diese Erreger und Schadstoffe aus der Luft zu entfernen. Dies funktioniert durch richtiges Lüften, durch den Einsatz von Luftfiltern oder Techniken wie (Far-) UVC. Die direkte Folge ist, dass wir weniger oft krank sind.
Woran erkennt man saubere Luft?
CO2-Wert (PPM)
Zu sauberer Luft gehört noch viel mehr als nur das Aufstellen von Luftfiltern! Die Überwachung der Luftgüte in Form von Messungen zum CO2-Gehalt sind aus vielen Gründen wichtig. Ein hoher CO2-Gehalt hat zwei Nachteile: Wir können uns schlechter konzentrieren [13] und viele Viren, die in Form von Aerosolen in der Luft schweben, leben länger [14] und können uns somit länger krank machen. Problem ist, dass ein hoher oder niedriger CO2-Gehalt in der Luft vom Menschen nicht wahrgenommen werden kann. CO2 kann man weder schmecken noch riechen. Eine Einschätzung, ob und wie lange also gelüftet werden sollte, kann nur mit einer CO2-Messung erfolgen.
Wird der Raum nach CO2-Gehalt gelüftet, verbessern sich die kognitiven Fähigkeiten. In Schulen zeigt sich dadurch eine deutliche Leistungsverbesserung der SchülerInnen [15]. Einige Länder, gerade im asiatischen Raum setzten seit Jahren auf CO2-Messung [16]. Das sollte längst Standard sein, denn zum Lernen sind Kinder in der Schule.
Studien zeigen jedoch auch, dass ein geringer CO2-Gehalt zu weniger Infektionen mit Aerosol getriebenen Viren wie SARS-CoV-2 oder Influenza führen [17]. Dies liegt an zwei Aspekten:
1. Werden die Erreger regelmäßig aus der Raumluft entfernt, da gelüftet wird und frische Luft nachkommt.
2. Der geringere CO2-Gehalt die Viren nicht konserviert, wie es ein hoher Wert tut.
Die IGOE (Initiative gesundes Österreich) hat eine gute Zusammenstellung verfügbarer CO2-Messgeräte im Internet: https://www.igoe.at/co2-sensoren/
Gute Geräte gibt es bereits ab 60,00 €.
(Bildquelle: https://www.igoe.at/saubere-luft/)
Feinstaub-Werte (PM)
Feinstaub gibt es in unterschiedlichen Größen, sodass eine Kategorisierung sinnvoll ist. Je nach Größe sind die potenziellen Schäden unterschiedlich, weswegen es Grenzwerte in Abhängigkeit der Partikelgröße gibt. Die beiden wichtigen Kategorien sind „PM2,5“ und „PM10“. PM steht für „Particulate Matter“, was englisch für Schwebstaub ist. Unter PM10 werden Staubteilchen mit einem Durchmesser von weniger als 10 µm (10 Mikrometer entsprechen 10 Millionstel Meter) zusammengefasst. Bei PM2,5 handelt es sich um Staub mit einer Partikelgröße kleiner als 2,5 µm. Partikel, die kleiner als 0,1 µm sind, werden „ultrafeine Partikel“ genannt. Eine Übersicht zu Feinstaub, seinen Quellen und seiner Wirkweise und Folgen im menschlichen Körper kann beim zuständigen Umweltbundesamt nachgelesen werden [18].
Die WHO-Empfehlungen als Richtwert haben sich seit 2005 massiv geändert [19].
Luftschadstoff | WHO 2005 | WHO 2021 | EU-Grenzwert |
---|---|---|---|
PM2,5 | 10 µg/m³ | 5 µg/m³ | 25 µg/m³ |
PM10 | 20 µg/m³ | 15 µg/m³ | 40 µg/m³ |
Da Feinstaub in der Regel unbemerkt bleibt und nur durch Messung „sichtbar“ gemacht werden kann, ist eine Empfehlung das BQ30-Messgerät von Trotec [20], dass günstig Feinstaub PM2,5 und PM10 aber auch CO2 messen kann. Es ist meist erschwinglich für um 60€ zu bekommen.
Wer Spaß und die Mittel hat, kann sich auch einen Sensor inkl. Ausleseelektronik selbst zusammenstellen und bauen. Es gibt mit der „Sensor.Community“ seit Jahren eine Gruppe aktiver Menschen, die Feinstaub weltweit sichtbar machen. Inkl. Datenspeicherung im eigenen Netzwerk liegen die Kosten bei 80-90€. Nähere Informationen finden sich hier: https://sensor.community/de/
Die Schädlichkeit von Feinstaub ist seit Jahren bekannt. Sie gelten als Auslöser von Atemwegserkrankungen wie Asthma, haben aber auch Einfluss auf Herz-Kreislaufsystem, den Stoffwechsel, und das Nervensystem. Die Folgen reichen von Bluthochdruck, Blutgerinnungsstörung bis hin zu Diabetes und Demenz [21].
Wie erhält man saubere Luft?
In der freien Natur, am Meer oder in den Bergen ist die Luft von sich aus gut. In Innenräumen können wir Luft in ähnlicher Qualität erreichen, indem wir richtig Lüften (reduziert den CO2-Wert) und/oder den Einsatz von Luftfiltern (entfernt Schwebstoffe aus der Luft). Im Beitrag Luftfilter – Der einfachste Weg zu nachhaltig sauberer Luft werden Luftfilter und deren Nutzen genauer erklärt. Es gibt dort auch eine Beispielrechnung, damit der Luftfilter mit der passenden Leistung für den vorgesehenen Raum gefunden werden kann.
Nachlese
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Lufthygiene e.V. (DAGL)
Initiative Gesundes Österreich (IGÖ)
saubere-luft.jetzt – Ein Plädoyer für Saubere Luft
Quellen
[1] Luftmenge pro Tag
[2] Luft – ein Menschenrecht
[3] Frontal – Holzofen
[4] Gesetzeslage zu Luft
[5] Mikroplastik
[6] UBA – Quellen Feinstaub
[7] Nachhaltigkeitsstrategie Mikroplastik
[8] Greencitysolutions – Pollen
[9] Cowling et al. 2013, Aerosol transmission of influenza A
[10] UBA – Aerosole COVID-19
[11] Doccheck – Rhinovirus
[12] Ding et al. 2021, Aerosols from speaking can linger in the air for up to nine hours
[13] Schädliche Auswirkungen von Kohlendioxid (CO2) auf die kognitive Funktion des Menschen
[14] A new discovery about carbon dioxide is challenging decades-old ventilation doctrine
[15] CO2 in Räumen messen und Überwachen
[16] CO2 Data Logging and Monitoring in Schools
[17] Zusammenhang zwischen dem Kohlendioxidgehalt (CO2) und der Übertragung von Covid-19
[18] UBA – Was ist Feinstaub
[19] Tagesschau – WHO – Grenzwerte für Luftverschmutzung
[20] Trotec – CO2-Luftqualitätsmonitor und Partikelmessgerät BQ30
[21] UBA – Warum ist Feinstaub schädlich für Menschen